Wir leben auf großem Fuß

Bewusstsein über persönlichen CO2-Fußabdruck

Sind wir nicht alle Klimaschützer? Zumindest ein bisschen, zumindest in der Theorie? Wie heftig die Herausforderungen in der Praxis wirklich sind, vor die uns der Klimawandel stellt, macht der CO2-Rechner der Stadt Waiblingen deutlich. Ob wir Auto fahren, Fleisch essen oder in den Urlaub fliegen - wir pulvern das Treibhausgas in die Luft, als gäb's kein Morgen.


Bild: Sharon Pruit CC2.0

 

CO2-Rechner: Kostenlos den eigenen Fußabdruck berechnen

Den besagten Kohlendioxid-Rechner hat die Stadt kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen als Preis im Wettbewerb „Energie-Musterkommune 2010". In der Kategorie der Städte mit mehr als 20 000 Einwohnern erreichte Waiblingen den ersten Platz. Lobend erwähnt werden unter anderem die Holzhackschnitzelheizung der Friedensschule Neustadt, der Neubau der Stauferschule im Passivhausstandard sowie die Energieberatung. Auftraggeber des Wettbewerbs, bei dem 72 Kommunen antraten, ist die EnBW Regional AG.

Auf der städtischen Internetseite kann seitdem jeder unkompliziert für sich und seine Familie den CO2-Ausstoß berechnen. So klickt man sich durch: Erst auf „Wirtschaft und Umwelt", dann auf „Umwelt", dann auf „Energie und Klimaschutz", dort steht letztlich der Link zum CO2-Rechner der gemeinnützigen KlimAktiv-Gesellschaft. Dort kann der Benutzer sich anmelden, wenn er Ergebnisse speichern will, für die Berechnung an sich ist das aber nicht erforderlich.

So ein CO2-Rechner kennt keine Gnade. Unverblümt zeigt er dem Nutzer seine nach arithmetischer Formel berechneten Öko-Schwächen auf. Gleich zum Einstieg gibt's eins auf den Deckel, denn jeder Deutsche fabriziert schon 1,1 Tonnen Kohlendioxid im Jahr, ohne dass er gefahren wäre oder was gegessen hätte. Verursacher ist die staatliche Infrastruktur, an der wir alle teilhaben. Doch der Rechner ist nicht abgrundtief fies. Denn er verschafft einiges an Selbsterkenntnis und macht obendrein Vorschläge, wie man seine Bilanz verbessern kann. Nehmen wir drei frei erfundene Beispiele, in Anlehnung an vom Umweltbundesamt entworfene Musterpersonen.

Die Dynamische - 15,1 Tonnen pro Jahr

Beate S. ist immer unterwegs. Stillstand ist ihr ein Graus - sei's im Job, sei's in der Freizeit. Als Werbefachfrau hat sie schon von Berufs wegen ein Gespür für die neuesten Trends und begeistert sich für Technik. Zwei Notebooks, das I-Phone und ein kleines Heimkino gehören zur Grundausstattung. Wenn sie Urlaub hat, kann nichts sie zu Hause halten - sie will die Welt entdecken, Menschen und fremde Kulturen kennenlernen. Trotz ihres grünen Bewusstseins ist ein Leben ohne Flugreisen für sie gar nicht denkbar. Ein Auto hat sie zwar nicht, stattdessen nutzt sie S-Bahn und Bus. Das verbessert ihre Bilanz zwar, doch hoher Stromverbrauch, ausgeprägtes Konsumverhalten und vor allem die Fernreisen katapultieren Beate S. auf einen Wert von 15,12 Tonnen Kohlendioxid jährlich. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 10,8 Tonnen. Doch bereits Beates Kurztrip nach New York sorgte für 3,83 Tonnen an Emissionen. Gemeinsam mit den 1,1 Tonnen für die Infrastruktur liegt sie allein damit schon über dem weltweiten Durchschnitt von 4,4. Allerdings gleicht Beate S. ihre Bilanz aus, indem sie investiert: Sie hat 30 000 Euro als Beteiligungen an Windkraftanlagen gekauft, wofür sie Zinsen bekommt. Sie trägt dadurch zu einer Treibgasvermeidung in Höhe von stattlichen 32 Tonnen bei.

Bertram P. setzt auf Qualität und Sparsamkeit. Als Ingenieur lässt er sich in technischen Dingen sowieso kein X für ein U vormachen, und wegen der Zuschussmöglichkeiten beim Bau seines Passivhauses hat er sich bei der Energieagentur Rems-Murr informiert. Durch effektive Dämmung und dreifach verglaste Fenster benötigt er fast keine Heizenergie, der Strom kommt quasi vom eigenen Dach, wo Bertram P. eine große Fotovoltaikanlage installieren ließ. Ein Auto ist für ihn nur Mittel zum Zweck, von A nach B zu kommen - und zwar so sparsam wie möglich. Dafür braucht's nur dreieinhalb Liter Diesel. Generell legt Bertram P. keinen Wert darauf, jede Mode mitzumachen. Bei Anschaffungen wie dem neuen Kühlschrank achtet er auf Haltbarkeit der Produkte und auf den Verbrauch. Er kalkuliert mit spitzem Bleistift und sagt voll Überzeugung: „Qualität rechnet sich." Im Urlaub fährt am liebsten in den Schwarzwald oder an den Bodensee - auch hier ist er waschechter Schwabe. Unterm Strich kommt Betram P. bei der CO2-Bilanz auf etwas mehr als die Hälfte des deutschen Durchschnitts: 6,4 Tonnen. Auf etwaige Ausgleichsmaßnahmen verzichtet er guten Gewissens.

Die Genießerin - 7,9 Tonnen pro Jahr

Tina S. lebt das, was neudeutsch als „Lohas" bezeichnet wird (Lifestyle of Health and Sustainability = gesunder und nachhaltiger Lebensstil). Sie wohnt in einem gut gedämmten Mehrfamilienhaus, fährt kurze Strecken immer mit dem Fahrrad, nutzt ansonsten Carsharing und freut sich daher besonders über die neuen „Stadtmobil"-Autos bei der Volkhochschule. Natürlich bezieht sie den „Toptarif-Klima"-Strom der Waiblinger Stadtwerke und hofft dadurch, dazu beizutragen, dass diese ihren Anteil an regenerativen Energien weiter erhöhen. Sauberer Strom, zu 100 Prozent aus Waiblingen, und er kostet kaum mehr als der Normaltarif. Zum Einkaufen radelt Tina S. am liebsten zum Wochenmarkt, wobei sie stets darauf achtet, dass Gemüse und Obst biologisch angebaut wurden. Was sie sonst noch braucht, holt sie meistens beim Biosupermarkt. Auch sie achtet beim Erwerb elektrischer Geräte auf die Energieeffizienz. Aus politischer und ökologischer Überzeugung unterstützt sie die Umweltverbände Greenpeace und BUND. Grünes Bewusstsein und zeitgemäßer Genuss müssen aus ihrer Sicht vereinbar sein, großartiger Verzicht ist nicht ihr Ding. Tinas Kohlendioxid-Bilanz liegt bei 7,9 Tonnen jährlich, das sind rund 30 Prozent unterm Durchschnitt.

Der Durchschnitt - 10,8 Tonnen im Jahr

Otto Normalverbraucher ist noch weniger eine reale Person als die Vorhergenannten, aber entspricht dem Durchschnitt. Nehmen wir an, er wohnt zu zweit in einer 80-Quadratmeter-Wohnung Baujahr 1990, heizt mit Erdgas, bezieht den üblichen Strommix, hat ein Auto, fährt nur 7500 Kilometer im Jahr, fliegt einmal nach Mallorca, pendelt mit der S-Bahn insgesamt 5000 Kilometer nach Stuttgart, ernährt sich mal bio, mal nicht, isst mäßig Fleisch und konsumiert überhaupt durchschnittlich. Er ist kein Verschwender - trotzdem produziert er einen jährlichen Kohlendioxid-Ausstoß wie gleich zwei der vielgescholtenen Chinesen. Übrigens: Eine virtuelle Figur im Internetspiel „Second Life" belastet die Umwelt (Rohstoffverbrauch inklusive) ähnlich stark wie ein durchschnittlicher Brasilianer aus Fleisch und Blut.

 

 

 

Quelle: Der Beitrag entstammt dem Portal "nicht-jugendfrei-online", unsere Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Zeitungsverlages Waiblingen / 14.09.2011

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